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Kunst-Objekte und architektonische Gestaltung an der Albert-Schweitzer-Schule

Die folgenden Zeilen sollen dem Leser einige Objekte nahebringen, die er auf dem Gelände und im Gebäude erkennt und den Zusammenhang mit unserem Schulleben verdeutlichen.

Unsere Schule ist seit 1953 – dem Bau des Standortes an der Magazinstraße, nach Albert Schweitzer benannt. Sie ist eine der ersten von denen, die seinen Namen tragen. In einem Brief an den damaligen Direktor, er war Mitglied in der studentischen Verbindung, der auch Schweitzer angehörte, formulierte er seine Freude über den Wunsch, dass unsere Schule nach ihm benannt werden solle und gab gern die Erlaubnis dazu. Dieser Brief ist im Schularchiv aufbewahrt.

Am Eingang unserer Schule ist, rechts auf der Höhe des ersten Stockwerks an der Uhr, ein für Albert Schweitzers Überzeugung konstitutiver Satz zu lesen: „Ich vertraue auf die Kraft der Wahrheit und des Geistes“. Diese Inschrift ist sicher als Leitidee für unsere schulische Arbeit gedacht, daher dieser unübersehbare Ort an der Fassade. Schweitzer war überzeugt, dass menschliches Handeln einer an humanen Werten, christlich fundierten Ethik folgen solle, die sich aus unserer Verantwortung für die uns umgebende Natur ergebe. Um dieser Bewahrung der Schöpfung willen seien wir auch verpflichtet, Gewalt, Kriege und Massenvernichtungswaffen zu ächten und uns solidarisch um Frieden in der Welt zu bemühen.

Schweitzers Haltung stieß zur Hochzeit des Kalten Krieges in Teilen der Gesellschaft - und auch an unserer Schule - auf Widerspruch, vor allem wegen seines Versuchs, mit Politikern der sozialistischen Länder ins Gespräch zu kommen. Das schlägt sich in der Korrespondenz nieder, die im Schularchiv nachgeschlagen werden kann.

(Ergänzend möchte ich hier auf das erste Stockwerk hinweisen, wo ein Mosaik an der Nordwand des Hauptgangs den Nordteil des Landkreises Kassel, den ehemaligen Landkreis Hofgeismar zeigt. Am südlichen Treppenaufgang ist als Wandfresko ein archaischer Krieger abgebildet, der sicher an die griechischen Traditionen – und damit die Fundierung unserer europäischen Kultur – erinnern soll. Beides stammt aus den Jahren 1953/54, als die Albert – Schweitzer-Schule gebaut wurde.)

Heute steht die Büste Schweitzers – zur selben Zeit wie Mosaik und Fresko gestaltet - im Foyer am Übergang zwischen der Verwaltung und den Unterrichtsräumen. Es ist üblich geworden, sich „beim Albert“ zu treffen, wichtige Informationen, traditionell auch die Abiturergebnisse am Abend der Prüfungstage, hier bekannt zu geben.

Der Friedensnobelpreisträger ist mittlerweile in der Schule unumstritten. Er symbolisiert auch die Arbeit unserer Schule als UNESCO-Projektschule, die sich den oben erwähnten Prinzipien verpflichtet sieht. So haben wir östlich des Aulagebäudes auf der Wiese 2012 den Grund für ein Klassenzimmer im Grünen gelegt, umgeben von jung angepflanzten Bäumen, die die Gene der „Urwaldriesen“ des Reinhardswaldes bewahren. Auf diese Weise soll der Aspekt der Nachhaltigkeit unseres Handelns deutlich werden. Ein Block aus Wesersandstein weist mit dem zentralen Satz: „Ich bin Leben inmitten von Leben, das Leben will“ auf Schweitzers Ethik hin. Dass wir dem folgen wollen, zeigt sich auch daran, dass unsere Schule 2011 bewusst unter dieser Devise eine Patenschaft für einen Wolf im Tierpark Sababurg übernommen hat, die durch die Beiträge der Schülerschaft jährlich erneuert wird. Beides geht auf die Initiative von Biologiekursen zurück.

Seit dieser Zeit beteiligt sich auch die Fachschaft Kunst am jährlichen „Märchenfest“ im Tierpark. Die Plakate und Informationsschriften, die auf die Veranstaltung hinweisen, entstehen in Kunstprojekten an unserer Schule.

Das führt zu zwei weiteren Objekten, die sich an zentralen Orten unserer Schule finden.

„Diptychon der Märchenbrüder“ heißt der Riesenholzschnitt, den Albert Schindehütte für die Glashalle unserer Schule geschaffen hat. Es ist eine Allegorie auf die Brüder Grimm, die die Märchen aufzeichnen, die ihnen aus ganz Europa zugetragen worden sind. Das Bild entstand unter Mitwirkung eines großen Teils unserer Schülerschaft und wurde 2012 enthüllt. Es soll auch ein gemeinsames Objekt für die Herwig-Blankertz-Schule und die Albert-Schweitzer-Schule symbolisieren, die sich unter diesem Zeichen regionaler Identität  Märchenregion Reinhardswald – in ihrer Kooperation als Hessencampus und gemeinsamer Standortnutzung wiederfinden können.

In Ergänzung des Holzschnitts finden sich auf der Fahrstuhlwand kolorierte Tuschezeichnung - Reproduktionen von Titelvignetten. Sie entstammen dem Buch „Die Brüder Grimm und wer ihnen ihre Märchen erzählte“ von Heinz Röllecke und Albert Schindehütte, publiziert anlässlich der zweihundertsten Wiederkehr der Erstausgabe der Kinder-und Hausmärchen.

Verweist dies schon auf die internationale Dimension unseres kulturellen Erbes, so wird sie deutlich und mit Aufforderungscharakter zum Handeln durch das Kunstwerk dargestellt, das sich seit 2011 im Erdgeschoss vor dem Eingang der Mediathek findet. „Elb-Eiche“ hat Marianne Schlitzberger ihre Holzskulptur genannt, womit sie zum einen auf den Fundort verweist. Zudem soll sie aber auch die politische Aufgabe „Arbeiten am Zusammenhalt Europas“, symbolisiert durch die Elbe als verbindenden und zeitweiligen Grenzfluss, verdeutlichen. Darüberhinaus wird unsere Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt, unsere Chance und Verpflichtung ganz deutlich durch die Gestaltung und im Zusammenhang mit dem Material „Holz“ angesprochen.

So denken wir, dass die ASS auch als „Hessische Europaschule“ in der Tradition ihres Namensgebers steht und wir bemühen uns, die von ihm verkörperten Werthaltungen stets von neuem zu leben.

2014 Hans-Joachim Mayer